Blonde Venus

USA 1932

Blonde Venus

 

Inhalt

Produktion

Songs

Filmplakate

Filmprogramm

Werbung

Presse

Berichte

Fotos

Berichte

  • Sheridan Morley, «Marlene Dietrich», Frankfurt 1977, Seite 80–81
  • Josef von Sternberg, «Ich – Josef von Sternberg», Erinnerungen, Hannover 1967, Seite 289
  • Charles Higham, «Marlene – ein Leben, ein Mythos» Hamburg 1978, Seite 96–99
  • Berndt Schulz, «Marlene – die Biographie einer Legende», Bergisch Gladbach 1992, Seite 153–166
  • Donald Spoto, «Marlene Dietrich», München 1992, Seite 120–126
  • Steven Bach, «Marlene Dietrich – die Legende, das Leben» , Düsseldorf 1993, Seite 213–224
  • Maria Riva, «Meine Mutter Marlene», München 1992, Seite 145–154, 155–162
  • Josef von Sternberg, «Das Blau des Engels«,Autobiographie, München 1991, Seite 293
  • Werner Sudendorf, «Marlene Dietrich» , München 2001, Seite 88–92
  • David Bret, «Meine Freundin Marlene» , Hamburg 2002, Seite 77–81


Zensurgutachten
Film-Oberprüfstelle Berlin, den 4. Juli 1933
Nr. 6759

Vorsitzender:
Ministerialrat Dr. S e e g e r

Beisitzer:
Direktor M e y d o m   - Berlin,
Prof. L a n g h a m m e r - Berlin,
Stadtrat Elsa S c h u l t e s - München,
Friedel S u s s e t - Berlin.

Zur Verhandlung über den Antrag der Badischen Regierung auf Widerruf der Zulassung des Bildstreifens:

“Die blonde Venus”

durch die Filmprüfstelle Berlin erschienen:

  1. für die antragstellende Landeszentralbehörde: Oberregierungsrat Dr. S a u e r,
  2. für die durch den Widerrufsantrag betroffene Firma:  Dr. B e r g e r.
  3. Der Bildstreifen wurde vorgeführt.

    Der Antrag des Badischen Ministers des Innern vom 7. Juni 1933 wurde von dem Erschienenen zu 1 begründet. Der Erschienene zu 2 äusserte sich zur Sache.

    Es wurde folgende

    E n t s c h e i d u n g

    verkündet:

  1. Auf Antrag des Badischen Ministers des Innern vom 7. Juni 1933-Nr. 57 984 – wird die durch Entscheidung der Filmprüfstelle Berlin vom 11. November 1932-Nr. 32 463 – ausgesprochene Zulassung des Bildstreifens widerrufen.
  2. Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

  1. Der Bildstreifen hat nach seiner zutreffenden Beschreibung im Widerrufsantrag der Badischen Regierung folgenden Inhalt:
    Eduard Faraday lebt mit Frau und Kind in bescheidenen Verhältnissen in New-York. Er hat sich durch seine Forschungen als Chemiker ein schweres Leiden zugezogen, das nur in Deutschland geheilt werden kann. Um das Geld für die Reise dorthin zu beschaffen, entschliesst sich seine Frau Helen ihre frühere Bühnentätigkeit wieder aufzunehmen. Hierbei lernt sie einen reichen Mann, Nick Townsend, kennen, der ihr das Geld für die Reise gibt. Kaum ist Eduard Faraday abgereist, knüpft Helen Beziehungen zu Nick Townsend an. Ihr Kind wird anderweitig untergebracht. Eduard Faraday kehrt früher als geplant zurück und wird das verwerfliche Treiben seiner Frau gewahr. Er verstösst sie und will das Kind bei sich behalten, das seine Frau entführt. Ihr geht das Geld zur Neige. Sie spielt in Kabaretts und sinkt von Stufe zu Stufe. Der frühere Ehemann lässt Frau und Kind verfolgen. Als er sie entdeckt, holt er das Kind weg und überlässt seine Frau ihrem Schicksal. Plötzlich taucht Helen Faraday als Revuestar wieder in Paris aus. Dort trifft sie Nick Townsend wieder. Sie lässt sich überreden mit ihm nach Amerika zu gehen unter der Bedingung, dass er ihr ein Zusammentreffen mit ihrem Kind ermöglicht. Dieses Zusammentreffen führt zur Versöhnung mit ihrem Mann, während Nick Townsend verschwindet.
  2. Der typische amerikanische Bildstreifen, dessen Sentimentalität ständig durch Erinnerungen und Lieder an und aus Deutschland unterstrichen wird, ist in einem Masse verlogen und entbehrt so sehr jeder psychologischen Begründung, dass bei seiner Beurteilung auf Grund von § 1 Abs. 2 die Anlegung eines besonders strengen Maßstabes erforderlich wird.
    Mit der Badischen Regierung ist die Oberprüfstelle der Auffassung, dass vorliegend der Ehebruch einer Frau, um ihren Mann zu retten oder die Familie einer gefahrvollen Situation zu entreissen, als verzeihliche Tat hingestellt und beschönigt wird. Die Oberprüfstelle hat trotz der raffinierten Verschleierung des Verhältnisses zwischen Helen und Townsend keinen Zweifel daran, dass Helen zu diesem Mann ehebrecherische Beziehungen unterhält. Sie bekommt von ihm Geld, lässt sich von ihm einrichten und macht mit ihm, kaum nachdem ihr Mann abgereist ist, eine lange Vergnügungsfahrt. Sie handelt damit dirnenhaft und sinkt, wie ihr ferneres Schicksal erweist, als Dirne weiter von Stufe zu Stufe. Dass sie auf diesen Weg ihr Kind mit sich nimmt und Zeuge allen dessen werden lässt, was ein solches Leben mit sich bringt, beweist, dass die am Ende des Bildstreifens in der sentimentalsten Weise geschilderten Mutterliebe Helens nicht echt ist. Das hat seinen Grund darin, dass dem Beschauer das innere Leiden dieser Mutter in keiner Weise glaubhaft gemacht wird und die Handlung eine viel zu grosse Zahl entsittlichender Momente aufweist, als dass dieser Teil der Handlung als Gegenwert gewürdigt werden könnte.
  3. Eine so laxe Auffassung von Ehe und Moral widerspricht den Bestrebungen des heutigen Staates zum Aufbau der Familie und ist geeignet, falsche Vorstellungen von dem sittlichen und sozialen Wert der Ehe zu erwecken.
    Damit rechtfertigt sich das nachträgliche Verbot des Bildstreifens aus dem Verbotsgrund der entsittlichenden Wirkung (Entscheidung der Oberprüfstelle vom 18. März 1931-Nr. 2029-).
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 5 der Gebührenordnung für die Prüfung von Bildstreifen.

Beglaubigt:

gez. Seeger
Regierungsoberinspektor